Tutorial zum Erkennen von Trilobitenfälschungen

von Dipl. Geol. Jens Koppka, Heiko Sonntag & Horst Burkard 2004

Als Trilobitensammler und Präparatoren haben wir auf Fossilienbörsen reichlich Erfahrungen mit gefälschten Trilobiten machen können. Uns gelingt es, durch die im Laufe vieler Jahre gesammelten Spezialkenntnisse, relativ leicht Fälschungen zu entdecken, während es dem Laien verständlicherweise schwer fällt oder nicht möglich ist. Da der Trilobitenmarkt von gefälschten Trilobiten im Moment gerade überschwemmt wird und die Qualität der Fälschungen sich merklich verbessert hat, sehen wir es als notwendig an, unsere Erfahrungen im Erkennen von Fälschungen in nachvollziehbarer Form zu vermitteln. Auch möchten wir darauf hinweisen, daß im Moment weder im Internet noch auf den meisten Fossilienbörsen sachkundige Kontrollen erfolgen und somit gegen unehrliche Fossilienhändler keine Sanktionen (wie Messeverweise) verhängt oder rechtliche Schritte eingeleitet werden. Dieser Zustand lädt zum Mißbrauch geradezu ein und die ehrlichen Händler haben das Nachsehen. Horst Burkard hat sich die Mühe gemacht, eine Vielzahl gefälschter marokkanischer Trilobiten sich genauer anzusehen und den Fake mit dem ultimativen Nachweis zu belegen, nämlich mit der Steinsäge. Die Ergebnisse wurden von ihm auf der Hamburger Messe in einer Vitrine präsentiert und konnten von uns fotografiert werden. Der Text stammt von Jens Koppka und die Fotos wurden von Heiko Sonntag gemacht.

Geschichtliches
 

Trilobitenfälschungen sind keine neue Erfindung. Das Fälschen, Ergänzen und  Restaurieren von Fossilien ist schon fast so alt wie der Fossilienhandel selbst. Das Problem liegt wohl darin, daß man mit Fossilien Geld verdienen kann und nicht selten aus Armut und Mangel an anderen Möglichkeiten es sogar muß. 
Der berühmte Trilobitenforscher BARRANDE hat in Böhmen im 19. Jahrhundert ehemalige Steinbrucharbeiter (sogenannte  Felsenmänner ) angestellt, die für ihn in der Umgebung von Prag nach Trilobiten gesucht haben. Besondere Funde wurden mit einem entsprechenden Entgelt belohnt. Manche der Steinmänner haben aus Sehnsucht nach einer reichen Belohnung nicht gezögert Fälschungen herzustellen. Mit dem Aufkommen eines richtigen Trilobitenhandels in Böhmen Ende des 19. Jahrhunderts sind somit auch reichlich Fälschungen in die Museums-Sammlungen gelangt, wo man sie heute als auffrischende Kuriosität gelegentlich zeigt (nach BUDIL & TUREK 2003). 
Eine beliebte Art der Fälschung war es unvollständige Trilobiten durch den Anbau der fehlenden Teile (die aber von einem anderen Individuum der Art oder gar einer anderen Gattung stammen) wieder  ganz zu machen und so ihren Verkaufswert zu steigern. Manche der als  Besonderheiten an Museen und Schulen verkauften Fälschungen sind aus heutiger Sicht eher kurios geraten, z. B. dann, wenn ein Phacops-Kopf mit einem Odontochile-Schwanzschild kombiniert wurde und der Thorax aus nur 4 Segmenten besteht (s. SNAJDR 1990). 
Die damaligen Fälschungen bestanden immer aus den Resten echter Trilobiten, zwar ging man nach dem Motto  Aus Zwei mach Einen vor, aber zumindest waren die Einzelstücke echt. Heutzutage gibt es zwar diese Form der Fälschung ebenfalls, aber durch den Gebrauch von Kunstharzen ist es möglich geworden, komplette Trilobiten als Abguss zu erzeugen. 

In Marokko hat sich in den letzten 3 Jahrzehnten nach sensationellen Funden von großwüchsigen und/oder sehr bizarren Trilobiten in der Umgebung von Alnif, Erfoud und Tabourikt eine regelrechte Trilobitenindustrie entwickelt. Dies geschah in einer Gegend wo Bildung Mangelware ist und es keinen Strom oder fließendes Wasser gibt. Die einheimischen Dorfbewohner und Nomaden haben mit dem Suchen und Präparieren von Trilobiten eine willkommene z.T. sogar ihre einzige Einnahmequelle gefunden. So sind die Trilobiten im Laufe der Jahre zu einem bedeutenden Wirtschaftsfaktor in den ärmlichen Wüstenregionen des Hohen Atlas geworden. 
Es gibt in Marokko nach BURKARD & BODE (2003) namentlich bekannte Werkstätten, in denen Kunsthandwerker Trilobiten herstellen. Fossilienhändler, die vor Ort einkaufen, kennen diese Werkstätten. Die Handwerker machen keinen Hehl daraus, Replikas von Trilobiten herzustellen und sie verkaufen die Replikas auch ausdrücklich als solche. Der Betrug erfolgt erst durch Händler, die diese Replikas als echte Trilobiten zu Dumpingpreisen auf den Markt werfen. In den 80-er Jahren begann das Fälschen von Trilobiten, bedingt durch den Mangel an guten  Riesenparadoxiden . Anfangs wurden nur mehrere Teile verschiedener Paradoxiden kombiniert, später dann der ganze Trilo gefälscht. Es ist verbürgt, daß nicht die Marokkaner auf die Idee zum Fälschen kamen, sondern daß sie durch amerikanische und europäische Händler dazu animiert wurden. Die Händler haben dann die gefälschten Paradoxiden verkauft. Inzwischen ist der Fälschungswahn soweit gediehen, daß von fast allen Trilobitenarten Marokkos Fälschungen existieren und es mehr Fakes als echte Trilobiten gibt. 

Aber nicht nur in Marokko werden Trilobiten gefälscht oder verfälscht. Auch von den russischen Trilobiten der St. Petersburg- Region kennt man Tricksereien, die aber im Ausmaß nicht mit Marokko vergleichbar sind. Die Rekonstruktionen beschränken sich auf gelegentlich ergänzte Schalenreste, abgebrochene Augen und Stacheln (maximal auch mal ein Pygidium), die Wachsung und Kolorierung der Schalen oder das Aufkleben isolierter Trilobiten auf eine sekundäre Matrix. Habe dies selber bei einem Dysplanus aus dem Unterordoviz feststellen müssen (wollte Hypostom freilegen). Der Trilobit war zwar komplett echt, aber auf eine Kalkplatte aus der Aseri-Stufe nachträglich aufgesetzt. Dies geschah um den Verkaufspreis des losen Trilobiten zu steigern, da er auf Matrix besser aussieht und somit teurer verkauft werden kann. Betrachtet man es aus wissenschaftlicher Sicht, dann sieht es aus, als würde die Art aus der Kunda-Stufe noch in der jüngeren Aseri-Stufe vorkommen, was so aber nicht stimmt.
Generell kann man aber sagen, daß die russischen Präparatoren selten böse Tricks anwenden. Die Trilobiten sind echt, aber die meisten Trilos (Asaphus, Illaenus et cet.) werden schnell unter Einsatz der Sandstrahl-Technik mit einen anscheinend ziemlich aggressiven Strahlmittel präpariert. Die Trilobiten sehen nach Abschluß der Präparation alle schön aus, glänzen aber unnatürlich stark, möglicherweise wurden sie extra mit einem Politurstrahlmittel abschließend behandelt und dann gewachst. Werden dieselben Trilobiten aufwendiger präpariert, dann zeigen sie noch die charakteristischen Runzeln und Poren auf der Schale. Bei den zu kräftig gesandstrahlten Trilobiten fehlen diese Details. Die seltenen  Stachel-Trilobiten , wie Hoplolichas, Boedaspis, Paraceraurus und so weiter sind dagegen meist hochwertig und langwierig präpariert und somit entsprechend teuer.
Aus Bolivien sind ebenfalls Fälschungen bekannt. Ich habe bisher noch keine Erfahrungen mit diesem Material gesammelt, aber uns wurde versichert, daß es aus mehreren Exemplaren zusammenklebte Trilobiten im Handel gibt. Auch soll es Komplettfälschungen mit Druck und Gegendruck geben. Also vorsichtig sein.


Hinweise zum Erkennen einer marokkanischen Trilobitenfälschung 

1. Luftblasen auf Matrix und/oder Schale sind Beweis für Verwendung von Kunststoff

Lassen sich auf der Gesteinsmatrix oder der Trilobitenschale kleine Löcher erkennen, dann kann man von einer Fälschung ausgehen. Denn die unter einen halben Millimeter breiten Löcher sind Luftblasen im Kunststoff und lassen sich beim Herstellungsprozeß (unter einfachsten Bedingungen in der marokkanischen Wüste) glücklicherweise nicht vermeiden
(s. auch Abb. 1).

 
Abb. 1: A: primitive Fälschung, ein komplett aus Kunstharz gegossener Phacops, der Guß wurde auf eine Kalkplatte aufgesetzt, deutlich ist die raue löchrige Oberfläche des Kunststoffes erkennbar, die durch die Luftblasen im Harz verursacht wird; B: vergrößerter Ausschnitt der Pleurenspindel; C: Luftblasen bei einer Dicranurus-Fälschung in der  Gesteinsmatrix weisen darauf hin, daß der Trilobitenguß samt Matrix auf eine Gesteinsplatte aufgesetzt wurde, das Kunstharz ist unnatürlich braun, echtes Gestein wäre dunkelgrau.

2. Auffällige Farbunterschiede im Gestein oft bei  gegossenen Trilobiten


Gibt es bei devonischen Trilobiten zwei unterschiedlich gefärbte Lagen im Gestein (in Trilobitennähe z.B. hellbraun und die Unterseite des Handstücks dunkelgrau). Normal sind die Kalke homogen dunkelgrau (Hamar Lagdad), rötlich oder hellgelb (z.B. von Atchana) ohne unterschiedlich gefärbte Schichten. Falls also solche Farbunterschiede vorhanden sind und die Oberfläche rund um den Trilobiten mit vielen Präparationsspuren übersäht ist (zur Kaschierung von Luftblasen), dann besteht der Trilobit sicher aus Kunststoff und wurde mit Kunststoffmatrix auf den darunter liegenden Kalk aufgeklebt. 
Bei kambrischen Riesentrilobiten sind manchmal Teile der Platte unterschiedlich gefärbt (z.B. etwas grauer), dies kann ein Hinweis darauf sein, daß der Trilobit aus mehreren unvollständigen Exemplaren zusammengesetzt wurde. Man achte auf den Verlauf von Klebenähten und die Färbung der Einzelteile der Platte. Bei unverfälschten Exemplaren sollte die Farbe und Beschaffenheit der Platte homogen sein.

Abb. 2: Fälschung eines berühmten marokkanischen Hörnertrilobiten:  Dicranurus monstrosus. Der aus braunem Kunststoff gegossene Trilobit wurde samt Kunststoffmatrix auf den Kalkstein aufgesetzt. Die Schale wurde schwarz angemalt und die Oberfläche der Kunststoff-Matrix mit Präparationsspuren kaschiert. Die Säge entlarvt die Fälschung, man achte auf den Hohlraum unter dem Kunststoff-Trilobiten und die Farbunterschiede vom echten grauen Gestein (unten) und braunem Kunststoff (oben). Foto: Sonntag, Sammlung und Sägearbeit: Horst Burkard. 

3. Klebenaht bei devonischen Trilobiten Hinweis für Echtheit

Fehlt bei devonischen Trilobiten eine Bruchlinie (s. Abb. 2), die man quer durch den Trilobiten und im Gestein weiter verfolgen kann, dann ist Vorsicht geboten. Denn diese Klebenähte sind charakteristisch für echte Trilobiten, da diese in den harten devonischen Kalksteinen von Marokko fast nur im Bruch gefunden werden. Nur selten bricht das Gestein so günstig, daß man einen ganzen Trilobiten erkennen kann, ohne daß der Trilobit beim Finden beschädigt wurde. Ist diese Bruchlinie nicht vorhanden, besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit einer Fälschung. Darum Stück besonders genau ansehen.

4. Farbe und Härte der Trilobitenschale

Die Schale bei fast allen devonischen Trilobiten aus Marokko ist schwarz gefärbt. Nur in Ausnahmefälle kann die Schale auch dunkelbräunlich sein. Bei vielen gefälschten Trilobiten weicht die Farbe der Schale von der echter Trilobiten ab, sie ist meist bräunlich und glänzt auffällig. Testet man sie vorsichtig mit der Spitze des Schneidezahns, dann fühlt sich die Kunststoffschale weich an, vergleichbar mit Plastik. Diese Methode ist einfach und zugleich zerstörungsfrei, denn die Nerven im Zahn sind so empfindlich, daß die Härteunterschiede leicht zu erkennen sind. Die echte Schale ist viel härter als Kunststoff. Um ein Gefühl dafür zu bekommen, kann man ja mal einen Stein mit dem Zahn testen und dann seine Zahnbürste. Und bitte Vorsicht, nur berühren und nicht Durchbeißen. 
Bei den ordovizischen und kambrischen Trilobiten Marokkos ist die Schale weggelöst und durch Eisenminerale wie Limonit ersetzt. Die Farbe ist ockerbraun und nicht gelb oder schwarz, wie es bei manchen kolorierten oder gefälschten Trilobiten der Fall ist. 

Abb. 3: Auf dieser Tafel sind echte Trilobiten zu sehen, denn nur wenn man echte Trilos kennt, kann man auch Fälschungen erkennen. Bei dem Paralejurus links sind zwei Klebenähte zu sehen (mit Pfeilen gekennzeichnet), die obere zieht sich deutlich sichtbar durch das Kopfschild, die untere ist weniger deutlich. Rechts oben sind beim Paralejurus-Pygidium deutlich die charakteristischen Terassenlinien zu sehen, die bei falschen oder schlecht präparierten Exemplaren fehlen. Auch sollte man auf Präparationsspuren achten, die sich zum Beispiel als kleine weiße Punkte auf der Schale entdecken lassen. Sie fehlen allerdings, wenn der Trilo komplett gesandstrahlt wurde. Die Linsen bei Phacopiden (s. unten rechts) sind ein gutes Merkmal für die Echtheit marokkanischer Trilos, da man diese nicht in einer solchen Detailschärfe fälschen kann. Aber man sollte beachten, das schizocroale Augen nur bei Vertretern der Phacopina vorkommen. Diese sind im Devon zwar häufig, aber eben nicht die einzigen Trilobiten (Lichiden, Harpetiden, Proetiden) gibt es ebenfalls.

5. Anatomische Merkmale, Schalenornamentierung und Beschaffenheit der Augen


Echte Trilobiten sind häufig mit feinen Strukturen und Ornamenten versehen, z.B. sind manche Schalen mit feinen Poren versehen, es gibt Terrassenlinien (s. bei Paralejurus in der Abb. 3), kleine Knoten und Stacheln. Hilfreich ist es auch sich die Augen des Trilobiten genau anzusehen, z.B. besitzen alle Vertretern der Phacopina durchweg schizocroale Augen (s. Abb. 3, unten rechts), d.h. die Facettenaugen bestehen aus vielen, schon mit dem bloßen Auge sichtbare Einzellinsen. Diese charakteristischen Schalendetails sind nur bei hochwertigen Präparaten erhalten, bei den Fälschungen fehlen sie. Die Natur kann man eben nur schwer perfekt nachahmen. So sind die Augen bei Fälschungen von phacopiden Trilobiten glatt, denn die vielen Linsen der schizicroalen Augen lassen sich bei den von den Marokkanern genutzten einfachen Abgussverfahren nicht abformen. 

6. UV-Licht und Lösungsmittel als Hilfsmittel zur Erkennung von Kunststoffen

Ist man sich nicht sicher ob man es mit einer Fälschung zu tun hat, dann kann der Einsatz einer UV-Lampe weiterhelfen. Kunststoff reflektiert das UV-Licht und leuchtet daher auf. Ein Trilobit ist versteinert und hat daher dieselben Reflektions- eigenschaften wie der Stein, der ihn umgibt. Vorsichtig sollte man aber bei gewachsten oder mit Lack überzogenen echten Trilobiten sein und sie nicht gleich als Fälschung abtun, obwohl sie unter UV-Licht leuchten. Wachs und Lack wird besonders bei russischen Trilobiten verwendet um den Kontrast zur Matrix zu verstärken oder auch um kleinere Präparationsmängel zu verstecken.
Bei marokkanischen Trilobiten kommt nicht selten eine schwarze undefinierbare  Pampe zum Einsatz, mit der oft der ganze Trilo überzogen ist. Dies geschieht bei echten als auch bei falschen Trilobiten. Wir nutzen bei solchen patinierten Trilobiten ein Lösungsmittel, z.B. Aceton, aber noch viel besser ist das Lösungsmittel für Sekundenkleber namens Bindulin. Dieses pinselt man auf den Trilo und innerhalb von Sekunden lösen sich alle aufgepinselten Bereiche. Das Lösungsmittel entfernt auch Edding-Farbe. Hat man einen echten Trilo bei dem die Marokkaner zu überschwänglich ihre Paste aufgetragen haben, dann kann man diese mit dem Lösungsmittel entfernen und sehen was übrigbleibt. Mit ein bißchen Glück ist es gar nicht so wenig. Sind aber Schalenergänzungen vorgenommen worden, dann sieht man ein weißes Kunstharz, welches nachträglich schwarz eingefärbt wurde. Man munkelt, daß zum Einfärben in Marokko auch Altöl Verwendung findet.

7. Die ultimative und endgültige Lösung  Die Gesteinssäge

Sollten sie immer noch zweifeln, ob ihr Trilobit echt oder falsch ist, dann sägen sie ihn mit einer Diamantsäge durch. Falls man jetzt ein Hypostom erkennen kann, dann haben sie einen echten Trilobitenquerschnitt. Sieht man dagegen deutlich Kunstharz oder Hohlräume unter dem Trilo (s. Abb. 4), dann war er falsch. Aber eigentlich ist es nicht nötig zu sägen, es sei denn man will eine Fälschung unwiderlegbar beweisen. 

Abb. 4: eine komplett gefälschte Burmeisterella, deutlich ist der Hohlraum unter dem Trilobiten-Guß zu erkennen, dunkle glänzende Lackfarbe soll Trilobiten-Schale vortäuschen, Fälschung war etwa 25 cm lang, Foto: Sonntag, gesägt und
Smlg.: Burkard

Fallbeispiele für marokkanische Trilobitenfälschungen

Unnatürliche Trilobiten-Assemblagen

Ein beliebter marokkanischer Fälschungstyp (ich nenne ihn der Einfachheit halber Assemblage-Fälschung) ist, verschiedene Trilobiten-Fälschungen auf einer Platte zu kombinieren (s. Abb. 5). Diese Platten sind meist kreisrund, ziemlich dünn und oft leicht schüsselförmig. Gelegentlich sind die Trilobiten-Güsse auch um eine Uhr drapiert. Echte Zusammenschwemmungen dieser Art gibt es nicht, was nicht heißen soll, daß auf einer Platte nicht mehrere echte Exemplare vorkommen können. Aber es gibt eben nicht eine solche Anreicherung unterschiedlichster Arten, die oft an einem Fundort gar nicht zusammen vorkommen.

Abb. 5: komplett gefälschte Trilobiten-Assemblagen, alle Trilobiten bestehen aus Kunststoff und sind auf eine Gesteinsplatte zusammen mit einer Kunststoffschicht aufgesetzt; zu sehen sind links Abgüsse von: Leonaspis, Walliserops, Crotalocephalus, Paralejurus und oben was  Undefinierbares ; rechts: Odontochile, Psychopyge, Phacops und Scutellum; Fotos: Sonntag, Sägearbeiten durch H. Burkard.

Der  Homalonotiden-Fake oder Trilobiten die es so nicht gibt

Wohl mit die imposantesten marokkanischen Fälschungsarbeiten sind die  kompletten Burmeisterella´s (s. Abb. 6). Bisher kennt man allerdings noch kein echtes komplettes Exemplar aus dem Devon von Marokko, was das Erkennen der Fälschungen erleichtert. Man muß leider feststellen, daß eben alle kompletten Exemplare manipuliert sind. Burmeisterella gehört zu den Homalonotidae, d.h. nahen Verwandten von Calymene. Die großwüchsigen Reste von Vertretern dieser Gattung kommen in Marokko nur in isolierten Resten vor, komplette Exemplare gibt es anscheinend nicht. Es sind imposante Trilobiten und so verwundert es nicht, daß findige Marokkaner die verschiedenen Trilobitenreste, wie Kopfschilder, Schwanzschilder und Pleuren zu sammeln begannen, um eine Fälschung herzustellen. Man sucht sich alle echten Einzelteile einer kompletten Burmeisterella zusammen, die Einzelteile werden vollständig aus dem ursprünglichen Gestein herauspräpariert und in Setzkästen gesammelt. Hat man alles zusammen dann beginnt die Montage, laut Herrn Burkard tauschen die Marokkaner untereinander noch fehlende Teile aus, nach dem Motto:  Ich hab ne Pleure von dem Stachelvieh, gib mir mal die 8. Pleure und ein Pygidium von dem Glatten .

Abb. 6: Der  Homalonotiden-Fake , A: bestachelte Burmeisterella? sp. (Stacheln sind aufgeklebte Orthoceren), echte Trilobiten-Einzelteile sind mit Kunstharz in eine Kalkwanne eingeklebt. B: glatte Burmeisterella? sp., Kopf- und Schwanzschild sind echt, die rotumrandeten Bereiche bestehen aus Kunststoff, auch der Thorax (man beachte Schleifspuren, die zum Nachweis des Kunststoff dienten); beide Trilobiten-Montagen sind etwa 25 cm lang; Fotos: Sonntag, B: aus Smlg. Burkard; (PS: 2002 hatten Heiko und ich erstmals diese Burmeisterella´s gesehen, aber sind auf den Trick reingefallen).
Man nimmt dann den kompletten Bausatz, bei dem die Einzelteile zwar echt sind, aber von unterschiedlichen Individuen derselben Art stammen und bettet ihn Stück für Stück mit Hilfe von Kunstharz und Gesteinsmehl in eine gemeißelte Wanne, die aus einem wahrscheinlich devonischen Kalk extra hergestellt wurde. Es gibt eine bestachelte und eine glatte Art. Der Clou ist, daß die Stacheln der einen Art (falls sie wirklich welche hatte) nicht echt sind, sondern es handelt sich um kleine Orthoceraten (stäbchenförmige, spitz zulaufende Kopffüßer-Gehäuse). Man hat erst vor kurzem eine Fundstelle gefunden, wo man diese Orthoceren massenhaft findet und man verwendet sie seitdem für diese Fälschungen eimerweise (wie uns Herr Burkard versicherte). Früher mußte man die Stacheln noch umständlich aus Kunststoff basteln. Mit den Nautiloiden geht es natürlich leichter. Die Orthoceren werden also nach der Montage der Einzelteile auf die Pleuren, das Pygidium und das Cranidium aufgeklebt und fertig ist ein irre aussehender Trilobit. Immerhin ist eigentlich fast alles an dieser Fälschung echt, nur sollte man wissen, daß es sich um eine Montage handelt. Es gibt aber auch Montagen, wo nur das Cranidium und Pygidium echt ist, während der Thorax aus Kunststoff besteht (s. Abb. 6-B).

Die Qualität dieser Montagen kann schon ganz ordentlich sein, das Ergebnis sieht jedenfalls auf den ersten Blick imposant aus. Bei weniger gut gemachten, meist glatten Exemplaren mit brauner Färbung sind die Pleurenabstände unnatürlich weit (s. Abb. 7-A). Die Matrix in den Zwischenräumen sieht wie herausgeschnitzt aus. Dies hatte uns (Heiko & Jens) als wir eine solche Fälschung zuerst sahen schon stutzig gemacht, wenig später war dann alles klar, als wir die durchgesägten Stücke (s. Abb. 7-C) in einer Vitrine von Herrn Burkard gesehen hatten (Sonderausstellung auf der Hamburger Messe Dez. 2003).

Abb. 7: weitere Beispiele für gefälschte Homalonotiden aus Marokko, A: die roten Streifen markieren den Kunststoff zwischen den montierten Pleuren, die rechte Seite des Pygidium war wahrscheinlich abgebrochen, darum wurde die rechte Seite der Pleuren verkürzt, so daß es aussieht als ob der Trilobit nach rechts ins Gesteine abtaucht und nicht freigelegt wurde; B: Schnitt durch einen Homalonotiden, der Kunststoffanteil im Querschnitt ist rot umrandet, die roten Kreise markieren die Kunststoff- Bereiche des Trilobiten, der ganze Thorax, die Freiwangen und der Frontalsaum des Kopfschildes sind aus Kunststoff; C: Schnitt durch einen Stachel-Homalonotiden, die Stacheln sind Orthoceraten, die echten Teile des Trilos sind im Schnitt gelblich, während die Kunststoffmasse grau ist, um Kunstharz zu sparen, hat man Gesteinsplitter zur Volumenminderung mit in die Kunststoffmasse getan; alle Fotos: Sonntag, Schnitt und Sammlung: Burkard.

Fälschungen der kambrischen Riesen-Paradoxiden

Die großen Paradoxiden von Marokko sind weltbekannt und begehrt. Daher verwundert es nicht, daß man versucht, neben den echten Trilos, die Nachfrage auch mit Fälschungen, wie mit aus verschiedenen Teilstücken zusammengebauten Montagen oder gleich kompletten Nachahmungen zu befriedigen (diese Fakes machen inzwischen einen Großteil der gehandelten Paradoxiden aus und es ist nicht so einfach wirklich gutes, unverfälschtes Material zu bekommen). Manche Fälschungen sind gut gemacht (Abb. 8-A), andere dagegen eher plump (Abb.8-C) geraten. Auch Fälschen will gelernt sein.

Abb. 8: alle hier zu sehenden Paradoxiden sind gefälscht; A: Acadoparadoxides briareus Geyer, 1993; ockergelb angemalter Kunststoff-Abguß (etwa 25 cm lang), eingesetzt in Gesteinsmulde, bei den Pfeilen sieht man einen Riß, wo sich Trilobiten-Guß von der Matrix löst (dies passiert, wenn die Haftung zwischen Kunstharz und Gestein nicht besonders gut ist), im mit der Ellipse gekennzeichneten Bereich, ist dem Künstler ein Symmetriefehler bei der nachträglichen Bearbeitung des Gusses passiert, Fälschungen dieser Qualität wurden bestimmt schon mal verkauft; B: Cambropallas telesto GEYER, 1993; auch hier löst sich der Guß vom Gestein (roter Kreis), die Pleurenspitzen der rechten Seite sind dem Fälscher viel zu lang und spitz geraten (müßten wie auf der linken Seite aussehen), Stück ist ca. 15 cm lang; C: ganz primitive Cambropallas-Fälschung, bei diesem Stück ist möglicherweise der untere Teil der Thorax-Spindel echt, der Rest wurde plump mit Kunstharz imitiert, die Glabellarfurchen wurden mit Stäbchen in die Kunstharzmasse gedrückt, die Proportionen stimmen überhaupt nicht; D: hier hat sich der Cambropallas-Abguß aus der Gesteinsmulde, worin er eingesetzt wurde, komplett gelöst; Fotos: Sonntag,
Stücke A, B, D: Slmg. Burkard.
Wie kann man Fälschungen der Paradoxiden erkennen? Bei einem Großteil der Fälschungen wird ein Abguß eines echten Paradoxiden in eine, in das echte siltige Paradoxiden-Gestein, herausgearbeitete Mulde eingesetzt. Aufgrund der mäßig guten Haftung des verwendeten Klebers, lösen sich die eingesetzten Abgüsse nicht selten und es bildet sich ein gebogener Riß entlang der Kunststoff-Gesteins-Grenze (s. Abb. 8-A,B) bzw. der Abguß fällt ganz heraus (s. Abb. 8-D). Bei den Abgüssen trifft wieder das zu, was ich über das Erkennen von Kunststoffen schon beschrieben habe. Die Abgüsse sehen alle meist zu regelmäßig aus, es fehlen Brüche und Präparationsspuren auf der Schale, Sediment zwischen den Pleuren, abgeplatzte Schalenteile und die natürlichen Oberflächenstrukturen (z.B. ist die Schale von Cambropallas mit winzigen Tuberkeln übersäht und Acadoparadoxides hat Terrassenlinien auf den Freiwangen). Die Farbe der kambrischen Trilobiten wird durch eine Ockerpaste imitiert, die aber meist nicht dem echten Farbton entspricht. Viele Fälschungen haben einen auffälligen Gelbstich. Die ursprüngliche Schale der Paradoxiden ist im marokkanischen Kambrium nicht erhalten, statt dessen ist sie durch ein rotbraunes ockerfarbenes Eisenmineral (wahrscheinlich Limonit) während der Fossilisation ersetzt worden. Daher sind Paradoxiden mit schwarzer Schale manipuliert, wahrscheinlich wurden sie nachträglich mit schwarzer Farbe koloriert, um künstlich einen besseren Kontrast zu schaffen.

Marokkanische  Fälschungs-Evolution  vom einfachen Abguß bis zur Matriximitation

Anfänglich haben die Marokkaner die Trilobiten-Fälschungen selbst modelliert. Diese Versuche aus dem Anfang der 80er Jahre führten gelegentlich etwas (manchmal auch kräftig) in die Irre, da die  Künstler nicht die nötige Formenkenntnis für überzeugende Fälschungen besessen haben (s. Abb. 9-A). In der Anfangsphase (vielleicht auch noch heute, zum Touristen-Abziehen) wurden neben Trilobiten auch Skorpione, Schlangen (sogar mit eingeritzter Zickzacklinie, pers. Mit. R. Klafack) in den Stein geschnitzt. Ich habe auch schon große Ammoniten-Wagenräder als Komplett-Fälschung gesehen, normalerweise werden nur die oft erhaltungsbedingt fehlenden Innenwindungen nachgemeißelt. Aber wenn der Künstler gerade Muße hatte, dann wurde wohl gelegentlich auch mal der Sitzstein zu einem Ammoniten umgemeißelt. Naja, wer´s mag.
Die ersten Fälschungen von Trilobiten waren wie gesagt recht plump. Man hat lediglich etwas Kunststoff genommen und die Konturen grob vor den Aushärten reingedrückt. So entstanden häufig Fantasieprodukte, also Trilobiten mit z.B. unerhört vielen Pleuren oder mit nicht zueinander passenden und/oder anatomisch falsch aufgebauten Kopf- und Schwanzschilden. Vielleicht hat man damals die Trilobiten aus dem Gedächtnis oder nach schlechten Bildvorlagen gebastelt. Problematisch war bei diesen Arbeiten (neben der oft lächerlichen Morphologie-Imitation) auch, daß echtes Gestein und der Kunststoff leicht zu unterscheiden waren, da der Übergang zwischen beiden eben ziemlich auffällig ist.
Darum ging man später dazu über den Gesteinsrohling mit einer Gesteins-Kunststoffimitation zu überziehen, in die der frisch hergestellte Trilobitenabguß eingesetzt wurde (s. Abb. 9-B-D). Für die Gesteinsimitation wird Kunstharz verwendet, welches mit Gesteinsmehl und vielleicht etwas Farbe versetzt wird. Der Trilobitenabguß entsteht, indem Kunststoff in einen Negativ-Abdruck (wahrscheinlich Gips), der von einem echten Trilobiten genommen wurde, gegossen wird und ihn dann aus der Form nach dem Aushärten herausgehebelt. Nach dem Einsetzen des Abgusses in die Kunstmatrix, werden nach dem Aushärten des Kunstharzes Präparationsspuren imitiert, die den Anschein einer echten Präparation erwecken sollen (dafür aber zu unregelmäßig angeordnet sind) und nebenbei auch noch die Luftblasen in der Kunstmatrix verbergen helfen. Abschließend wird der Abguß noch angemalt, wobei oft der echte Farbton nicht getroffen wird. Die ganze Fälschung dauert insgesamt, vielleicht ein bis 2 Stunden (ohne Aushärtezeit des Kunstharzes, was mehrere Stunden dauern kann). Um einen echten Trilobiten dagegen zu präparieren, muß man auch bei Profis je nach Schwierigkeitsgrad des Stückes zwischen 5 und 20 Stunden rechnen. Stachlige Meisterwerke präpariert man, wenn sie perfekt werden sollen, gelegentlich bis zu 100 Stunden lang. 

Abb. 9: A: phacopider Fantasie-Trilobit, einer der ersten Fälschungsversuche aus der Anfangsphase der marokkanischen Fälschungen (Stück ist von 1983), B-D: gute Replika einer Odontochile aus dem Unterdevon von Marokko, entstanden 20 Jahre später, hier handelt es sich um einen Abguß, bis auf die glatten Augen (Facetten fehlen) zeigt diese Fälschung alle morphologischen Details, auch hier wurde wieder der Abguß zusammen mit einer dünnen Kunststoffschicht auf einen Kalkblock aufgesetzt, deutlich ist bei B rechts unten der vom Gestein abgeplatzte Kunststoff zu sehen. D: deutlich ist die glatte Augenfläche zu sehen, die bei echten Trilobiten aus vielen kleinen Einzelaugen besteht., Fotos: Sonntag, Smlg. Burkard.

Psychopyge  beliebt und gern gefälscht

Dieser beeindruckende Trilobit mit seinem merkwürdigen Kopffortsatz aus dem marokkanischen Unterdevon wird aufgrund seiner Begehrtheit gerne gefälscht. Echte Exemplare besitzen 3 Stachelreihen aus hauchdünnen kurzen Stacheln (eine auf der Thoraxspindel, die anderen beiden an der Grenze zwischen Pleure und Pleuralstachel). Die Präparation dieser Stacheln ist sehr zeitaufwendig und macht einen solchen perfekt präparierten Trilobiten sehr teuer (bis hin zu einer 4-stelligen ¬ -Summe). Fälschungen sind dagegen für vielleicht 30¬ zu haben. Wer also als Schnäppchenjäger unterwegs ist und billige Trilobiten sucht, sollte sehr vorsichtig beim Kauf von Psychopygen sein. Ein Bekannter hat uns (Heiko & Jens) vor ein paar Jahren stolz ein solches Schnäppchen gezeigt und war dann merklich enttäuscht als wir die Fälschung nach gründlicher Betrachtung mit der Lupe entlarvt haben. Aufgrund der bizarren Gestalt kommt Psychopyge auch bei Laien gut an und daher findet man die Form auch immer wieder auf den zusammengesetzten  Assemblage -Fälschungen, die wir schon oben besprochen haben. Ansonsten werden Abgüsse dieses Trilobiten auf imitierter Gesteinsmatrix schon seit Jahren häufig angeboten.
Wenn wir die abgebildete Psychopygen-Fälschung (s. Abb. 10) betrachten, dann fallen neben der falschen braunen Farbe und den vielen Blasen im Kunststoff, auch die groben  Präparationsspuren auf. Falls man einen solchen Trilo derart grob präpariert, dann sieht er danach ziemlich mitgenommen aus. Hochwertige Präparationen erkennt man auch daran, wie die Gesteinsoberfläche bearbeitet wurde. Denn nach einer Präparation  räumt ein ordentlicher Präparator den Arbeitsplatz auf, d.h. die Oberfläche wird verschönert indem man sie mit dem Gravierer aufraut und so eine homogene weiße Oberfläche erzeugt oder sie wird abgeschliffen und wirkt dann eher grau. Diese Arbeit erhöht den Kontrast von Fossil und Matrix. Für so was Ästhetisches haben die Fälscher allerdings kein Gefühl. Somit kann man nur raten, Hände weg von allem was  unschön aussieht.

Abb. 10: mäßig gelungene Fälschung einer Psychopyge sp. aus dem Devon von Marokko, auch hier handelt es sich wieder um eine  Matriximitations-Fälschung (Trilobit und Oberfläche des Gesteinsblockes bestehen aus Kunststoff), A: auffällig ist die graubraune Farbe des angeblichen Trilobiten (normal wäre schwarz), die Schaloberfläche ist uneben und mit vielen Löchern versehen (Luftblasen im Kunststoff). B: Vergrößerung des Kopfschildes, Augen und Glabella wirken grob modelliert, C: Kunststoff-Pleuren wurden anscheinend nachgeschnitzt und wirken unnatürlich kantig, auch hier viele Luftlöcher; D: die Stacheln des Pygidiums scheinen mit einem Stechbeitel nachbearbeitet worden zu sein, auch hier sind Luftblasen in der  Schale und der Matriximitation zu sehen; Fotos: Sonntag, (dieses Stück fanden wir bei einem marokkanischen Händler auf einer deutschen Messe). 

Dicranurus monstrosus  Ein häufig gefälschter Hörnertrilobit

Dieser Trilobit ist einer der bizarrsten Formen im Unterdevon von Marokko. Bemerkenswert sind die beiden an Widderhörner erinnernden Stacheln auf dem Nackenring. Es handelt sich um einen seltenen und recht schwierig zu präparierenden Trilobiten. Auf jeden Fall scheitern die marokkanischen Präparatoren meist mit ihrer Motoradspeiche bei der Präparation. Wohl auch aus diesem Grund sind von diesem Trilobiten viele Fälschungen im Umlauf, zumal es sich ja auch um hochwertige Fossilien handelt. Wie schon einmal angesprochen, weisen die groben Präparationsspuren ein marokkanisches Präparat aus. Bei solchen Stücken ist dann besondere Vorsicht geboten. Meist befindet sich auch noch nicht entferntes Gestein (oder bei Fälschungen Kunststoff) zwischen den  Widderhörnern (s. Abb. 11). Wenn die Gesteinsmatrix eine hellbraune Farbe besitzt und die Trilobitenschale (normal ist schwarz) ebenfalls etwas bräunlich wirkt, dann liegt der Verdacht nahe, daß es sich um eine Fälschung handelt. 
Auch bei diesen Trilobiten-Fälschungen wird ein Abguß zusammen mit Kunstgestein auf einen echten Kalk aufgeklebt, also wieder ein Fall der typischen marokkanischen  Matriximitations-Fälschung . Bei den Fälschungen dieses Trilobiten, die mir bisher untergekommen sind, stehen die Widderhörner und Pleuren niemals frei, wie es bei den echten hochwertig präparierten Dicranurus-Exemplaren häufig der Fall ist.

Abb. 11: eine typische Fälschung von Dicranurus monstrosus (etwa 10cm lang), ein Kunststoffabguß wurde zusammen mit einer Schicht braunem Kunststein auf einen echten Kalkstein aufgesetzt, 
1: Dicranurus von vorn, deutlich sind die groben Präparationsspuren zu sehen, die den Anschein eines echten Präparates erwecken sollen, 2: Pygidium vergrößert, mit Kreisen sind die größeren Luftblasen im Kunststoff hervorgehoben, 3: alle Pleuren wurden anscheinend mit einem Stechbeitel nachbearbeitet und haben daher eine scharfe Kante in der Mitte, bei echten Exemplaren sind die Pleurenstacheln kreisrund im Querschnitt und nicht kantig, 4: Kopf vergrößert, die aufgemalte Farbe des linken Nackenstachels ist partiell abgeschrubbt und zeigt die helle Farbe des verwendeten Kunststoffes; Fotos: Sonntag 

Acanthopyge  Eine Fälschung für Fortgeschrittene

In Hamburg hatten wir eine ziemlich gute Fälschung einer Acanthopyge gefunden (s. Abb. 12). Hierbei handelt es sich um einen relativ großen lichiden Trilobiten aus dem marokkanischen Devon (Exemplar war etwa 10 cm lang, aber es gibt noch größere). Es ist ein vollständig sehr seltener Trilobit, und so haben wir uns das gute Stück genauer angesehen. Da der marokkanische Händler noch ein 2. Exemplar hatte und auffällige gefakte bzw. gegossene Trilobiten rumlagen (z.B. die Psychopyge), waren wir vorgewarnt. Wir holten natürlich die Lupe raus und Heiko machte schnell noch einen hochaufgelösten Schnappschuß. Wir kamen recht schnell zum Schluß, daß etwas manipuliert wurde, ohne daß wir in der Hektik einer Messe gleich sagen konnten, was es nun genau war. Ein Kauf wurde daher verworfen. Erst später beim Betrachten des Bildes am Laptop, nach vielfachen Einzoomen, kamen wir dem Trick langsam auf die Schliche. 
Ich hatte schon vor Ort mit dem Schneidezahn festgestellt, daß die Schale des Trilobiten echt war, sowohl Pygidium als auch das Cranidium. Allerdings hatten wir gesehen, daß das Stück in den hellen Kalk eingesetzt wurde (s. Abb. 12-A), besonders rechts unten ist Kunststoff und eine rundliche, schlecht kaschierte Klebenaht gut zu erkennen. Die Frage war nun, warum man dann einen ganzen Trilobiten nachträglich einsetzen sollte. Vielleicht weil es ein isoliertes Stück war und auf Matrix besser zur Geltung kommt und sich somit teurer verkaufen läßt?  Wohl nicht.

Abb. 12: eine aus mehreren Einzelteilen montierte Acanthopyge aus dem Devon von Marokko, die montierten Teile sind echt, stammen aber von unterschiedlichen Individuen oder von einem disartikulierten Exemplar; A: mit Pfeilen und Strichen wurden die in eine Mulde eingesetzten Stücke markiert, einzelne Stacheln am Pygidium, an den Pleuren und die Freiwangenstacheln bestehen aus Kunststoff, der Kopf wurde beim Einsetzten etwas nach links gekippt, der untere Teil des Thorax ist nicht symmetrisch (Fehler bei der Montage der Pleuren); B: Nackenring wurde durch Kunststoff nachgebildet, ebenfalls die rechte Freiwange; C: Ellipse markiert Bereiche der Pleuren, die aus Kunststoff bestehen, Pfeile weisen auf Furchen hin, die zeigen, daß der Thorax aus isolierten Pleuren zusammengesetzt wurde; D: linker Stachel des Pygidiums besteht aus Kunststoff, kleine Luftblasen in der Gesteinsmatrix (s. Kreis) zeigen Gesteinsimitation im Bereich der Klebenaht an; Foto: Sonntag.
Beim näheren Betrachten unseres Schnappschusses kamen wir zum Schluß, daß die Freiwangen-Stacheln (Teile der Wangen ebenfalls) und die Augen (aus Stein geschnitzt) des Trilobiten nicht echt waren. Echt sind dagegen die Pleuren (zumindest größtenteils), das Pygidium und das Cranidium. Inzwischen gehe ich davon aus, daß wir es mit einem montierten Exemplar zu tun haben. Vielleicht handelte es sich ursprünglich um einen disartikulierten Häutungsrest, bei dem zwar noch alle Teile vorhanden, aber eben nicht mehr in ihrer ursprünglichen Lage waren. Anderseits können die Einzelteile auch von verschiedenen Exemplaren derselben Art stammen, die für die spätere Montage des seltenen Trilobiten gesammelt wurden. 
Es handelt sich um denselben Trick, der auch schon bei den Homalonitiden angewandt wurde, allerdings etwas abgewandelt. Man hat in einen Kalkblock aus der gleichen Lage wie die Lichas-Reste eine Mulde gemeißelt, alle z.T. ziemlich filigranen Einzelteile isoliert, sie dann wieder richtig zusammengesetzt und in die Mulde eingeklebt. Der Kleber war auch hier wieder mit Gesteinsmehl angereichert und verrät sich durch die typischen Luftblasen (s. Abb. 12-D). Es muß ziemlich aufwendig gewesen sein, die dünnen Pleuren zu isolieren, es hat den Anschein, daß dies bloß teilweise gelang und Stacheln der Pleuren abgebrochen sind und beim zusammengesetzten Stück dann aus Kunststoff ergänzt wurden. Die ersten 5 Pleuren scheinen nicht extra montiert worden zu sein, vielleicht lagen sie noch artikuliert auf der ursprünglichen Matrix. Beim Pygidium sind die ursprünglichen Grenzen des Gesteinsstücks noch gut erkennbar, bei den Pleuren und am Kopf wurde die Grenzen dagegen stärker kaschiert.
Ich muß zugeben, daß man sich wirklich viel Arbeit bei dieser Fälschung gemacht hat. Die Frage ist: Warum? Heiko erzählte mir, daß er gehört hat, daß die Lokalität mit den Acanthopygen erschöpft sei. Es wurde schlimm dort gegraben und danach war wohl der  halbe Berg weg. Insgesamt wurden wohl nur wenig ganze Exemplare von Acanthopyge gefunden, vielleicht 40 Stück, was für marokkanische Verhältnisse mager ist. Wie auch immer, dieses Gerücht würde erklären, warum man so viel Zeit in die aufwendige Fälschung gesteckt hat. Eben aus dem schlichten Grunde, daß es keinen Nachschub mehr gibt, aber die Nachfrage noch da ist. Auch haben die Acanthopygen sehr hohe Preise auf dem Markt erzielt, was natürlich stets ein Anreiz zum Fälschen ist.

Selenopeltis  auch ordovizische Trilobiten werden gefälscht

Relativ selten werden in Marokko auch Trilobiten aus dem Ordovizium gefälscht, vielleicht deshalb, weil diese Trilobiten relativ häufig mit vollständigen Exemplaren in Sandsteinknollen eingeschlossen vorkommen (z.B. Flexicalymene und Asaphellus). Daher besteht wenig Anlaß für Fälschungen, da die Trilobiten meist schon durch das Aufschlagen der Knolle und etwas Nachpräparation freigelegt werden können. Anders sieht es bei dem Stacheltrilobiten Selenopeltis aus (s. Abb. 13), der ein typischer Vertreter der Gondwana-Trilobitenfauna ist und in z.B. in Tschechien, England und Marokko vorkommt. Selenopeltis findet man in Marokko in extrem harten, feinkörnigen, grauweißen Sandsteinen. Die Härte des Gesteins stellt an die Präparation einige Anforderungen und es braucht Geduld und gutes Äquipment, um die vielen Stacheln des Trilobiten ordentlich freilegen zu können. Ich nehme an, daß sich diese Trilobiten auch nicht ohne weiteres durch Aufschlagen der Sandsteinplatten freilegen lassen, weil die schwarze Schale der Trilobiten leicht im Gegendruck hängen bleibt und erst wieder auf den Steinkern aufpräpariert werden muß. Diese präparatorischen Schwierigkeiten, die relative Seltenheit und der hohe materielle Wert der Fossilien verleiten anscheinend zum Fälschen.
Horst Burkard hat eine Fälschung von Selenopeltis aufgetrieben, Heiko und mir ist dieser Trilobit gefälscht bisher noch nicht untergekommen. Die Fälschung ist eigentlich recht leicht zu erkennen. Der Trilobit ist braun, normalerweise ist die Schale schwarz (s. Abb. 13-A). Es handelt sich um einen Abguß der wieder mal auf eine Steinmatrix aufgeklebt wurde. Die Verbindung war nicht sonderlich stabil, so daß sich der Abguß inzwischen von der Matrix zu lösen beginnt (s. Abb. 13-B). Die Qualität der Abformung anatomischer Merkmale ist bei der Fälschung nicht sonderlich gut, da die Konturen ziemlich undeutlich sind, z.B. auf der Glabella (s. Abb. 13-E). Die Länge der unteren Pleurenstacheln ist außerdem viel zu kurz, was recht auffällig ist, wenn man diese mit denen eines echten Exemplars vergleicht. Bei der Fälschung ließ sich natürlich auch der leichte Glanz der echten Schale nicht erzeugen. Die gefälschte Schale ist porös, während die echte Glatt ist und sogar Spiegeleffekte (Lichtreflexion) zeigt. Eine Sandsteinmatrix konnte bei der Fälschung mit Kunststoff ebenfalls nicht nachgebildet werden.

Abb. 13: Selenopeltis sp. aus dem Mittelordoviz (Caradoc) von Marokko, A, D, F: echtes Exemplar, Slg. Burkard; B, C, E: Selenopeltis-Fälschung, A: etwa 15 cm langes Exemplar, welches auf dem weißen quarzitischen Sandstein liegt, an den Pleuren (unten links) scheint vor der Einbettung ein Stück abgebrochen zu sein; B: aus Kunststoff gegossener Selenopeltis, der Abguß löst sich vom Gestein, auf das er aufgeklebt wurde, die Pleurenstachel sind deutlich zu kurz, die Symmetrie der Thoraxspindel ist nicht gegeben; C: vergrößerter Ausschnitt von Pleuren und Thoraxspindel, der Kunststoff ist matt und uneben, D: der gleiche Bereich (nur rechte Seite) des echten Exemplares, der Schale ist schwarz und reflektiert das licht, im Bereich der Spindel ist die Erhaltung schlechter, daher wirkt der Bereich rau; E: Kopf vergrößert, die Segmentierung der Glabella ist nicht erkennbar, Glabellarloben sind kaum zu sehen; F: das Cephalon des echten Exemplars läßt alle morphologischen Details gut erkennen.; beide Stücke Slg. Burkard, Fotos: Sonntag.

Hinweise für den Trilobitenkauf

Der Laie sollte sich beim Erwerben von Trilobiten an seriöse Händler wenden, um nicht betrogen zu werden. Eine Reihe von Händlern haben sich über viele Jahre im Geschäft einen guten Ruf erworben und achten darauf, nur gute Ware anzubieten. Man wird beraten und es wird auf eventuell vorhandene Ergänzungen hingewiesen. Man sollte sicherheitshalber aber immer nachfragen. Allerdings gibt es auch Händler, die selber aus Unwissenheit Fälschungen erworben haben und diese ohne böse Absichten verkaufen. Daher schadet es nicht sich alles genau anzusehen und diesen Artikel stets im Hinterkopf (oder als Ausdruck) zusammen mit einer Lupe mit dabei zu haben. Im Zweifelsfall kann man sich bei größeren Börsen auch an den Stand der DMF wenden, die i.d.R. auch einen Bestimmungsservice anbieten.

Seriöse Händler finden sich übrigens meist nicht auf Weihnachtsmärkten und anderen Volksfesten, denn gerade dort ist die Gefahr Fälschungen zu ergattern besonders hoch. Aber auch auf Messen finden sich leider schwarze Schafe, besonders unter marokkanischen Händlern. Wir haben bei unseren Messebesuchen eine Reihe seriöser Marokkaner kennen gelernt, aber auch viele Händler mit Trilobiten-Ramsch und Fakes gesehen. Seihen Sie vorsichtig, wenn Sie eine Platte mit vielen Trilobiten betrachten, deren Umrisse irgendwie verschwommen sind, die Schalen dunkelgrau oder braunglänzend aussehen und man Ihnen im gebrochenen Deutsch oder englisch sagt, daß alles echt, gar ein Unikat ist und man Sie Ihnen preiswert verkaufen will (s. Abb. 14). 

Abb. 14: etwa 25 cm breite Platte mit anscheinend eingesetzten Exemplaren von Ceratarges und Proetus, mit den Kreisen sind viereckige Farbunterschiede gekennzeichnet, die auf schlecht kaschierte Manipulationen hinweisen, unten rechts zeigt der Pfeil auf eine bräunliche Schicht an, die typisch ist für  Matriximitations-Fälschungen , wahrscheinlich handelt es sich bei den meisten Trilos um Kunststoffabgüsse, aber vielleicht hat man zur Abwechslung auch mal echte Proetiden und schlecht präparierte Ceratarges-Exemplare aufgeklebt; Foto: Sonntag 

Ich hatte anfangs auf Ergänzungen bei Trilobiten hingewiesen und möchte dies noch etwas näher erläutern. Die Frage ist, wann handelt es sich um Ergänzungen und wo beginnt die Fälschung. Aus ästhetischen Gründen (manchmal auch zur Preissteigerung, wobei dann der Weg zur Fälschung beginnt) ergänzt man bei Trilobiten gelegentlich kleine Stückchen, sei es um einen verlorengegangenen Stachel oder ein Auge zu ersetzen oder aber ein herausgebrochenes Schalenstück. Kunststoff sollte aber stets nur in geringen Maße an einem Trilobiten vorhanden sein (je höher er ist, umso geringer die Qualität der Präparation bzw. des Trilo-Rohlings und somit der Wert des Trilobiten). Wird zum Beispiel gleich eine ganze Freiwange bei einem Häutungsrest ergänzt, dann ist es meiner Meinung schon zu viel des  Guten . Ich meine, daß nur minimale Ausbesserungen im Millimeterbereich halbwegs legitim sind. Geklebte Brüche dagegen sind keine Ergänzungen sondern sind bei Trilobiten fast normal. Ein Trilobit wird eben meist durch Hammerschläge gefunden, was nicht immer ohne Blessuren ausgeht, i.d.R. sind Brüche nicht wertmindernd, es sei denn es sind besonders viele oder ungünstig geklebte Stellen. Perfekte Trilobiten ohne Bruch sind meist Glückssache und relativ selten.

Wenn man über die Fossilienbörsen mit offenen Augen, einer Lupe und einem gesunden Maß an Mißtrauen wandert, dann wird man nicht so schnell aufs Glatteis geführt. Achten Sie bei einem Händler auf dessen Gesamtangebot, hat er viel schlecht präparierte marokkanische Billigtrilobiten (die wir inzwischen gar nicht mehr ansehen, weil hier fast nie mehr was zu retten ist) oder verkauft er gut aussehende, hochwertig präparierte Trilobiten. Informieren Sie sich vor einer Messe über Trilobitenpreise im Internet. Geben Sie z.B. die in diesem Text erwähnten Gattungsnamen bei Google ein und Sie werden unzählige Seiten mit Verkaufsangeboten finden. Denken Sie auch daran, daß Qualität stets ihren Preis hat und die Fälschungen i.d.R. besonders billig als scheinbare Schnäppchen angeboten werden.

Literatur:

BUDIL, P. & TUREK, V. (2003): Trilobitenland Tschechien.  Offizieller Katalog der 40. Mineralientage München, Turmalin und Trilobit: 
  94-99, 8 unn. Abb.; München.
BURKARD, H. & BODE, R. (2003): Trilobitenland Marokko. Keine Angst vor Fälschungen.  Offizieller Katalog der 40. Mineralientage 
  München, Turmalin und Trilobit: 136-144, 22 unn. Abb., München.
Snajdr, M. (1990): Bohemian Trilobites.  265 S.; Prag
 

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